2017-03-27: "Formel 1 2017 – Operation gelungen! – Patient tot.""

mit vielen Änderungen am technischen Reglement ist die Formel 1 am Wochenende im australischen Melbourne in die Saison 2017 gestartet. Nachdem nun 3 Jahre in Folge Mercedes unantastbar an der Spitze stand und das Feld nach Belieben dominierte, wurde es Zeit, durch größere Veränderungen etwas Bewegung ins starre Formel 1 Korsett zu bringen.

Und nach dem ersten Rennen kann man sicherlich sagen, dass das dies auch gelungen ist. Ferrari und Mercedes scheinen ganz nah beieinander zu liegen und Red Bull nicht allzu weit davon entfernt. Und selbst hinter den 3 Top-Teams, die zweifelsohne die Siege in der Saison unter sich aufteilen werden, gibt es absolute Spannung. Williams ist wohl die aktuelle Nummer 4, doch dicht dahinter und je nach Strecke vielleicht sogar mal gleichauf sind die Haas; auch Renault, Force India und Torro Rosso gehören in die dichte Verfolgergruppe, die sich an dem laben dürfen, was hinter den ersten 6 Plätzen abgeht, bzw. müssen das ergattern, was vom Tisch der Großen hinunterkrümelt, weil z.B. ein Ricciardo Probleme durch Unfall und/ oder technische Schwierigkeiten bekommt.

Es besteht mehr als nur eine vage Hoffnung, ja sogar ein realistischer Ausblick auf, was man in Geschichtsbüchern mal als „Duell der Giganten“ lesen können wird. Der 4-fach Weltmeister Sebastian Vettel im Ferrari gegen den 3-fachen Weltmeister Lewis Hamilton im Mercedes. Jeder kleine Fehler, ob fahrerisch oder taktisch, ob im Qualifying oder im Rennen, kann darüber entscheiden, wer von beiden das nächste Rennen gewinnt. Mit etwas Glück geht dies dann die ganze Saison so; mitunter kann sogar mal ein Red Bull vorn eingreifen, wenn es auf die langsameren Strecken wie Monaco, Ungarn oder Singapur geht. Die Saison könnte endlich mal wieder echt spannend, sogar bis zum letzten Rennen werden, und zwar nicht durch ein teaminternes Duell, sondern durch das Duell der Giganten Teams Ferrari gegen Mercedes.

Auch die Optik der neuen Boliden ist schnittig. 20 cm breiter (2,00 Meter statt bisher 1,80 Meter) sind die 2017-er Autos und die breiter gewordenen Reifen geben mehr Haftung, was zusammen mit einer neuen Aerodynamik zu deutlich höheren Kurvengeschwindigkeiten führt. Dass dabei der Topspeed auf den Geraden etwas niedriger ausfällt, sollte man auch erwähnen, wobei es wohl kaum auffällt, ob man mit 340 km/h oder mit 325 durch den königlichen Park von Monza brettert.

Sportlich noch viel wichtiger ist aber, dass der Fahrer wieder wichtiger wird und den Unterschied machen kann. Rennfahren ist wieder anstrengender. Körperlich, aber auch hinsichtlich der notwendigen Präzision und der Reaktionsschnelle sowie des Talents, den richtigen Schleifpunkt der Kupplung beim Start zu finden. In Melbourne konnte man wunderbar erkennen, dass die Top-Teams, die auch hinsichtlich der Fahrerpaarungen recht homogen besetzt sind, mit beiden Piloten im gleichen Gefilde unterwegs waren (mit kleiner Einschränkung Kimi Raikkönen, der einem wieder bis in die Haarspitzen motivierten Vettel nicht das Wasser reichen konnte). Hingegen haben die zweiten Fahrer bei Haas, Renault, Williams und McLaren erschreckend schwach ausgesehen im Vergleich zu Grosjean, Hülkenberg, Massa und Alonso.

Aber:

breitere Reifen, mehr Abtrieb, höhere Kurvengeschwindigkeiten. All dies ist vor Jahren mal Schritt für Schritt zurückgefahren worden. Damals hatte man nämlich konstatiert, dass das Design der Autos zwar schön anzusehen sei, die fahrerischen Qualitäten entscheidend für Erfolg oder Misserfolg seien, nur gab es keine Überholmanöver mehr.

Ob man dies alles einfach vergessen, oder aber ignoriert, oder gar als alternative Wahrheit abgestempelt und in den verstaubten Schrank der vergangenen Phänomene gestellt hat, weiß ich leider auch nicht. Aber eines haben wir alle gesehen: Egal, wie viel schneller ein Auto ist, einen geglückten Überholversuch hat es in Melbourne nicht gegeben. Au contraire! Das Überholen, dies meine Damen und Herren ist die Wahrheit; und sie ist unwidersprochen, ist unmöglich. Selbst als Nico Hülkenberg, der durch einen taktischen Fehler hinter Alonso und Esteban Ocon zurückgefallen war, einen zusätzlichen Stopp einlegte, dann in 14 Runden 24 Sekunden aufholte und mit 20 Runden jüngeren Reifen wieder im Rückspiegel des jungen Franzosen auftauchte, war er nicht annähernd in der Lage, auch nur zu einem Überholversuch anzusetzen.

Jedes einzelne Rennen wird trotz größerer Leistungsdichte, sportlich höherem Wert und irren Kurvengeschwindigkeiten maximal durch taktische Varianten interessant. Action auf der Strecke durch Überholmanöver wird es nicht geben. Kann es nicht geben. Die Operation Formel 2017 ist gelungen, der Patient Spannung jedoch ist tot.

Die breite Öffentlichkeit wird dies erst in den nächsten Wochen und Monaten realisieren, doch weitere größere Anpassungen des Reglements in den nächsten Jahren sind vorprogrammiert. Geschichte widerholt sich angeblich nicht, aber man sollte sich die Maßnahmenpakete der 90-er schon mal raussuchen, mit den gleichen Argumenten wird sich die Formel 1 in 2018 ff mal wieder neu erfinden dürfen…

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